Chronik des Imkervereins Blumenstein
Am 02.02.1931 wurde auf Initiative des Oberlandjägers Schweitzer bei Schuhmachermeister Martin Triebstein der „Bienenverein“ rechtskräftig ins Leben gerufen. Den Vorsitz übernahm Ernst Scheffel aus Obersuhl, welcher 12 Obersuhler und 2 Bosseröder Mitgliedern vorstand.
Die Anmeldung des Vereins beim Kurhessischen Bienenzüchterverein in Kassel-Wilhelmshöhe erfolgte noch 1931.
Jedes Mitglied erhielt monatlich per Post die Fachzeitschrift „Die Biene“, die den Imkern das notwendige Wissen der Völkerführung vermittelte. Aus den Protokollbüchern dieser Zeit geht hervor, dass nicht nur die Hessischen Imkertage, sondern auch die monatlichen Zusammenkünfte fleißig besucht wurden. Die Themen haben sich bis auf den heutigen Tag kaum geändert. Es ging um die Beschaffung des Fruchtzuckers, um Beutenfragen, Königinnenzucht, ja sogar um die Faulbrut, die Herr Schweitzer in einem Referat vorstellte und zur Vertiefung die typischen Erkennungsmerkmale unter dem Mikroskop zeigte.
Die rege Zusammenarbeit mit anderen naturverbundenen Vereinen zeigt ein Versammlungsbericht vom 13.01.1934, bei dem ein Herr Wetzstein aus Obersuhl vom Obstbauverein erwähnt wird, der die Zusammenarbeit mit den Imkern praktizierte.
Aus demselben Jahr stammt ein Bericht der zeigt, dass das Vernichten von nektarerzeugenden Bäumen bis heute ein „Dauerbrenner“ geblieben ist. Ein Antrag des Vorsitzenden richtet sich gegen „die Vernichtung honigender Gewächse (Salweide und Akazie) an den Bahnkörpern und in den Fluren.
Zu Beginn des Vereinslebens kämpfte man schon um die Trachtenverbesserung. Man solle an Stelle von unschönen, toten Zäunen z. B. Schneebeerenhecken nehmen.
Wenig Untertanengeist und bekannte Obersuhler Respektlosigkeit zeigt ein Antrag von Vereinsführer Ernst Scheffel, der mit dem Austritt des Vereins aus dem Landesverband droht, wenn er nicht die Hälfte der Mitgliedsbeiträge vom Landesverband zur Beschaffung von Bienenweidegehölzen zurückerstattet bekommt. Er droht nicht nur mit dem Austritt, sondern auch mit dem Anschluß an den Landesverband Thüringen.
Austritte aus dem Verein erfolgten im Jahr 1934 und früher nicht nur deswegen, weil Vereinsmitglieder ihre Bienen verloren hatten, sondern auch deswegen, weil sie in dieser schweren Zeit arbeitslos geworden waren. Hatten sie eine neue Beschäftigung gefunden, traten sie dem Verein wieder bei.
Hohe Aktivität kennzeichnet das Vereinsleben in diesen politisch unsicheren Jahren. Es wurde strikt nach dem Schulungsplan der Landesfachgruppe verfahren, der für die Vereine verbindlich war und unbedingt eingehalten werden musste. So wurde 1935 z. B. 0,10 Reichsmark im Monat zusätzlich pro Mitglied zur Anschaffung einer Vereinsbücherei, einer Wachsschmelze sowie einer Wabenpresse erhoben. Der Jahresbeitrag betrug im Jahr 1935 vier Reichsmark.
Die Vereinsgeschichte erfährt im März 1935 durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten eine Unterbrechung, die Karl Weyh treffend beschreibt. Wörtlich von Karl Weyh, der den Verein ab 1937 leitete: „Nach der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus wurden alle Vereine entweder aufgelöst oder gleichgeschaltet. Unser Bienenzuchtverein wurde dem Reichsnährstand angegliedert.“
Der Ortsfachgruppe Imker wie der Verein nun hieß stand noch bis 1937 der bisherige Vorsitzende Ernst Scheffel vor. Wegen zunehmender Krankheit musste er aber dann zurücktreten und dafür wurde der Schuhmachermeister Karl Weyh als Nachfolger gewählt. In den nun folgenden Jahren trat aber die Vereinstätigkeit hinter das politische Geschehen immer mehr zurück. Dann stieg die Mitgliederzahl über 70, denn die Ortsfachgruppe wurde per Beschluss aus 17 Ortschaften mit über 500 Völkern zusammen geführt.
Mit dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges in 1939 wurden viele Imker eingezogen. Von Februar 1943 an übernahm Lehrer „Die“ an Stelle des eingezogenen Vorsitzenden die Amtsgeschäfte.
Nach dem Zusammenbruch wurden die Orte Wommen, Herleshausen, Willershausen, Archfeld und Altefeld durch die Zonengrenzen von uns getrennt. Die Imker dieser Orte schlossen sich nun dem Verein Eschwege an.
Die Völkerzahlen gingen auch zurück, weil die Zuckerbeschaffung immer schwieriger wurde. Nach und nach kamen die Imker zurück und der Wiederaufbau begann.
Am Sonntag, dem 03.02.1946 war die erste Zusammenkunft im alten Vereinslokal Bachmann. Bei dem ersten Treffen nach dem Krieg waren 14 Mitglieder der Ortsfachgruppe ins Gasthaus gekommen. Sie kamen aus den Orten Hönebach, Bosserode, Süß und Obersuhl.
Karl Weyh übernahm wieder den Vorsitz des Vereins, der in den Kriegsjahren von Rektor Georg Die geführt wurde. 1947 taucht das erste Mal der Plan einer Belegstelle auf, der aber noch keine Genehmigung fand.
Dass Imker auch Schlitzohren sein können, geht aus einem Bericht von Walter Ziehn 1951 hervor, dem späteren Rektor der Gesamtschule Blumenstein, der erheblich voneinander abweichende Völkerzahlen bei der Viehzählung (Tierseuchenkasse) und bei der Völkermeldung beim Landesverband feststellte.
Nach einem beeindruckenden Vortrag des Berufsimkers Walter Deichmann aus Braach entschloss sich die Führung des Vereins am 15.04.1951 zum Eintritt in den Imkerkreisverein Rotenburg.
Während der Versammlung zur Neuwahl des Vorstandes prophezeite Karl Weyh 1953 den Untergang der Imkerschaft, da die Regierung die Einfuhr von billigen Auslandhonigimporten dulde und die Rückerstattung der Zuckersteuer versage.
1954 wird noch von einer Zusammenkunft mit Imkern des Nachbarvereins Gerstungen berichtet.
Ab 1955 tauchen erstmals auch die Termine der Monatsversammlungen in der „Die Biene“ auf.
Nach zweijähriger Mitgliedschaft trat der Verein Blumenstein aus dem Kreisverband Rotenburg aus, da man nur Nachteile durch die Zugehörigkeit feststellte.
Bei Teilnahme an Lehrveranstaltungen des Landesverbandes ersetzte der hiesige Verein den Lehrgangsteilnehmern ihren Lohnausfall.
1962 wurden erste Stäubeschäden, durch die Landwirte verursacht, bekannt. Die Vereinsführung bemühte sich daraufhin um eine günstige Versicherung.
In der Amtszeit von Ernst Wollenhaupt kam es schließlich doch im Jahr 1969 zur Einrichtung einer Belegstelle durch die Hilfe von Forstamtsleiter Premper im Wildecker Forst. Doch schlechte Standortwahl (zu feucht, zu dunkel) ließ das Interesse an dieser Einrichtung erlahmen. Außerdem bot der Nachbarverein Werratal in Heringen die Mitbenutzung der Belegstelle Bodesruh an.
Während der Amtszeit von Ernst Wollenhaupt erfolgte der Austritt aus dem Landesverband Hessischer Imker, weil dieser nach Auffassung der hiesigen Bienenzüchter hauptsächlich die Groß- und Berufsimker unterstützen würde. Direkter Anlass war die Tatsache, dass nur die Berufsimker ihr Fumidil zur Nosema-Bekämpfung bezahlt bekamen. Die hiesigen Kleinimker mussten wieder einmal die Kosten für ihre Bekämpfungsmittel selbst tragen.
1976 kam die erste Zusammenarbeit mit dem Imkerverein Sontra auf, der in diesen und den folgenden Jahren hervorragende Praktiker der Bienenzucht aufwies.
Unter der Führung des neu gewählten Werner Krapf aus Hönebach erlebte die Belegstelle erfolgreiche Jahre. So wird 1976 von einem 90%igen Begattungserfolg bei neugezüchteten Königinnen berichtet.
Das blühende Vereinsleben dokumentiert sich durch eine dreitägige Fahrt zum Bodensee. Ein weiterer Höhepunkt ist eine Busfahrt zur Außenstelle für Bienenzucht in Kirchhain, wo die hessischen Imker unter Leitung von Imkermeister Petersen einer künstlichen Besamung einer Bienenkönigin beiwohnen durften.
Unter dem neuen Vorsitzenden Reinhold Gandt begann 1977 eine intensive Ameisenhege zur Verbesserung der Waldtracht, die in den Folgejahren immer bessere Ergebnisse aufwies. Der Imkerverein Blumenstein hat in diesem Bereich dem Hönebacher Hans Leister viel zu verdanken, der als Gößwald-Schüler in den heimischen Wäldern ungefähr 400 neue Ableger der kleinen roten Waldameise (Formica polyctena F.) aussetzte. Zu den Höhepunkten seiner Amtszeit zählte auch die Teilnahme des Imkervereins Blumenstein an der 1000-Jahr-Feier in Obersuhl. Weiterhin legte Reinhold Gandt besonderen Wert auf die Werbung für Honig, der in vielen Sorten vor allem beim 50jährigen Vereinsjubiläum 1981 in der Mehrzweckhalle in Bosserode, Beachtung fand.
Da die Belegstelle immer stärker zugewachsen war, wurde sie 1981 vom Verein aufgelöst. Sie fand in den letzten drei Jahren kein Interesse mehr und kostete nur unnötig Geld. Die noch brauchbaren Beuten sollten neben der Grundschule Obersuhl für einen Lehrbienenstand Verwendung finden. Am 07.03.1981 trat der Imkerverein Blumenstein wieder in den Landesverband Hessischer Imker ein. In dieser Zeit konnte durch Bemühungen des 1. Vorsitzenden der Rapsanbau in unserer engeren Heimat verbreitet werden. Hierzu gehörte viel Überzeugungsarbeit bei den wenigen Landwirten.
Am 01.03.1982 übernahm Schreinermeister Martin Weber den Vorsitz des Imkervereins Blumenstein. Gut organisierte Standschauen sowie unvergessene Sommerfeste im Thenerts-Graben kennzeichneten das rege Vereinsleben.
Leider erreicht die Varroatose nun auch die Bienenvölker unseres Vereins. Zuerst wurden die Milben durch die Aufmerksamkeit eines Imkers aus Obersuhl entdeckt. Doch schon jahrelang waren die Vereinsmitglieder auf die „Bienenkillermilbe“ durch Vorträge vorbereitet worden, so dass sofort erfolgreiche Gegenmaßnahmen durchgeführt werden konnten. Es gab deshalb keine nennenswerten Völkerverluste bei unseren aktiven Imkern. Alle Bienenhalter mussten ab jetzt in jedem Frühjahr als Beurteilungsmaßnahme das umstrittene „Gemüss“ abliefern, dass vom Veterinäramt in Bad Hersfeld nach Kirchhain geschickt und dort auf Varroen untersucht wurde. Die Imker erhielten so einen ungefähren Befall der Stände. Doch wurde dieses Verfahren, da es sich als zu ungenau erwies, 1990 wieder eingestellt.
Gunther Koch übernahm am 13.01.1990 das Amt des Vorsitzenden von Martin Weber, der im neugegründeten Meisterbetrieb kaum noch Zeit für seine geliebte Imkerei fand. Unter Leitung von Gunther Koch wurde mit größtem Einsatz in kurzer Zeit ein Lehrbienenstand auf der Höhe von Gut Liebenz aus dem Waldbienenstand des verstorbenen Imkers Reiter (Rotenburg) erstellt, der beispielhaft für kleine Imkervereine sein kann.
Bei den 1537 Arbeitsstunden zeichneten sich besonders der Obmann für Bienengesundheit Walter Leitner und natürlich der 1. Vorsitzende Gunther Koch durch überdurchschnittlich viele geleistete Arbeitsstunden aus.
Am 09.06.1991 feierte der Verein mit einem Festkommers sein 60jähriges Bestehen. Gleichzeitig wurde der Lehrbienenstand „Julia“ eingeweiht.
Nach Öffnung der Grenze bei Obersuhl/Untersuhl am 12. November 1989 gab es nach 40 Jahren der Trennung wieder Kontakt zwischen den Nachbarn Imkerverein Blumenstein und den Bienenhaltern der Sparte Bienenzucht mit Sitz in Gerstungen.
Nachdem unsere Imker mit der Varroatose leben gelernt hatten, wurden 1989 drei Stände (zwei in Süß, einer in Bosserode) von der bösartigen Faulbrut heimgesucht, 1990 konnte die Faulbrut nach Bekämpfungsmaßnahmen nicht mehr nachgewiesen werden.
Zu den unterschiedlichsten Aktivitäten in der Amtszeit von Gunter Koch gehören außerdem noch die Durchsetzung der Gemeinnützigkeit beim Finanzamt, Neufassung der Satzung, Honigspenden für Bedürftige sowie die Einbeziehung der Wildbienen in die Hege der Imkerschaft.
Darüber hinaus werden auch heute regelmäßig Monatsversammlungen im Lehrbienenstand abgehalten, außerdem dient er auch zur Durchführung des alljährlichen Sommerfestes.
Informationsveranstaltungen sowie Aus- und Weiterbildung für Vereine und Schulklassen werden ebenfalls durchgeführt.
Der Lehrbienenstand „Julia“ ist zum beliebten Treffpunkt unserer Imker sowie auch benachbarter Imker geworden und dient als Informationsquelle für alle imkerlichen Belange. Im Jahr 1992 konnte der Imkerverein als erster Hessischer Verein einen 2tägigen Honiglehrgang mit Prüfung und Zertifikat durchführen.
Zahlreiche Fachvorträge kamen unseren Imkern zugute, besonders erwähnenswert waren die Vorträge von Herrn Trageser: „Gesunde Ernährung aus dem Bienenvolk“ im Jahr 1993 und von Frau Renate Frank „Die Bedeutung des Honigs in der heutigen Ernährung im Jahr 1997 mit 180 Gästen.
Anlässlich der 700-Jahrfeier „Wildeck“ und zur 600-Jahrfeier Bosserode war unser Verein in der Öffentlichkeit präsent.
Imkerliches Inventar wurde in den 90iger Jahren angeschafft und steht jedem Imker zur Verfügung. Es sind unter anderem Wachsschmelzer, Mittelwandpressen und Honigrefraktometer.
In den 90iger Jahren bis zum heutigen Tag fand ein wesentlicher Umbruch in der Imkerei statt. Die Magazinbeuten kommen fast durchweg zum Einsatz, die „Einheitsbeuten“ sind bis auf wenige Erinnerungsexemplare außer Dienst gestellt.
Sanftmütige und leistungsfähige Reinzuchtköniginnen werden vom Verein und zur Nachzucht von den Imkern genutzt. Dadurch konnte die Honigleistung erheblich gesteigert werden.
Diese Chronik wurde zur 75-Jahr-Feier im Jahr 2006 von den Vereinsmitgliedern Reinhold Gandt sowie Karl Fischer erstellt.